Die jüngsten Beschlüsse zum ESM, die rigiden Sparauflagen, die verzweifelten Versuche, trotzdem gleichzeitig Konjunkturspritzen zu verabreichen, die Bereitschaft, Inflation in Kauf zu nehmen, indem Geld in unbeschränkter Höhe zur Verfügung gestellt wird, als ob es irgendwo lagere und nur darauf warte, abgezogen und verteilt zu werden, sind Ausdruck nicht nur einer tiefgehenden Finanzkrise, nicht nur einer Wirtschaftskrise, sondern einer existentiellen Krise der Union als System.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 14. 10. 2012
Bei Künstlern wird meist gelobt, dass sie “keinen Millimeter von ihrer Linie abweichen”, dass sie völlig kompromisslos ihre Vorstellung durchzusetzen suchen. Was woanders als Borniertheit, als negative Sturheit kritisiert werden kann, erscheint hier vorbildhaft als Tugend. Aber machen wir uns klar, Kompromisse so zu verteufeln, ihr Gegenteil als Tugend zu preisen, fordert einen hohen Preis. In die Welt der Politik oder Wirtschaft übertragen ist es gerade die Kompromisslosigkeit, die zu Terror und Krieg, zu Verderben und Niedergang führt. Wie eigentümlich, dass in der Kunst diese Haltung so gepriesen wird.
Kolumne “Wort zum Sonntag”, Haimo L. Handl, 29.7.2012
Über gewisse Verantwortungslosigkeit wird geklagt. Männer, die Vaterpflichten nicht wahrnehmen, nicht einmal Alimente bezahlen wollen. Frauen, die als sogenannte Rabenmütter Kinder erwürgen und verscharren. Menschen, die nicht arbeiten wollen, obwohl Tausende Jobs warten, wie man uns versichert. Firmen, die hochproduktive Fabriken sperren und Arbeitsplätze vernichten, weil im outsorcing Plan ein anderer Standort zu noch billigeren Löhnen und geringeren oder gar keinen “Sozialauflagen” höhere Profite verspricht. Politiker, die A sagen und B meinen, aber immer Ihres kriegen bzw. wenn nicht, zurücktreten, das Handtuch werfen, wie Horst Köhler, der eitle Möchtegernvolkspräsident der Deutschen.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 6.5.2010