Als der chinesische Autor Mo Yan kürzlich den Nobelpreis für Literatur erhielt, erschollen im Westen wie im Osten, besonders auch in China, kritische Stimmen, die ihm ankreiden, dass er ein regimetreuer Bestsellerautor sei. Fast überall wurde primär Politik und Ideologie zum Beurteilungsgegenstand, eine gewisse gutmenschlerische Moral, und vereinzelt auch Bezweiflungen seiner literarischen Qualität.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 11. 11. 2012
Die jüngsten Beschlüsse zum ESM, die rigiden Sparauflagen, die verzweifelten Versuche, trotzdem gleichzeitig Konjunkturspritzen zu verabreichen, die Bereitschaft, Inflation in Kauf zu nehmen, indem Geld in unbeschränkter Höhe zur Verfügung gestellt wird, als ob es irgendwo lagere und nur darauf warte, abgezogen und verteilt zu werden, sind Ausdruck nicht nur einer tiefgehenden Finanzkrise, nicht nur einer Wirtschaftskrise, sondern einer existentiellen Krise der Union als System.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 14. 10. 2012
Die Arbeitslosenquote bei Jugendlichen unter 25 Jahren kletterte in Griechenland und Spanien über 50%, das heißt, jeder zweite dieser Jugendlichen ist arbeitslos. Enorm die Zahlen jugendlicher Arbeitsloser auch in Italien (36,2%), wo jeder dritte keine Arbeit findet, auch wenn er eine akademische Ausbildung hat, ebenso in Portugal (36,4%). In Österreich liegt sie für die 15-24 Jährigen bei 8,3%, in Deutschland bei 7,9%. Einige andere Länder melden sich schon an mit Katastrophenmeldungen; Frankreich hat jetzt schon eine Jugendarbeitslosigkeit von 22,7% und Finnland, das Musterland mit Potential, wie es genannt wird, rangiert mit 18,6% auch oben.
Kolumne “Wort zum Sonntag”, Haimo L. Handl, 15. 7. 2012
Auf Facebook wurde wieder einmal zum Mord aufgerufen, zur Lynch”justiz” an einem 17-Jährigen, der von der Emdener Polizei medienwirksam, öffentlich präsentiert, verhaftet und verdächtigt worden war. Trotz der Floskeln “es gilt die Unschuldsvermutung” gilt sie für viele besorgte Bürger nicht. Sie wollen Taten. Sofort. Weil das Strafsystem so locker sei, wollen sie konkrete Strafen, z. B. die Todesstrafe. Nachdem die in Deutschland (bzw. in der EU) nicht verhängt wird, folgt der Aufruf zur Widerstandstat. Aufrechte Bürger rufen so zum Mord auf, um Recht und Ordnung herzustellen, um ihre Rache zu befriedigen.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 8. 4. 2012
Nicht nur die Griechen müssen sparen. Auch wir. Und unsere Regierung hat ein sogenanntes “Sparpaket” geschnürt (warum man solche Maßnahmen Pakete nennt, da doch im Gegenteil aufgebrochen und zugemutet wird, anstatt bewahrt und gesichert, wäre eine eigene philosophische Reflexion wert!), von dem sie behauptet, es sei der Anfang für fällige Reformen. Die Wirtschaft pflichtet bei, da sie Oberluft wittert, um auf dem Rücken der Massen sich mehr zu holen, als vor Kurzem noch anvisiert werden konnte. Die Krisen, vor allem die des Euros, helfen unpopuläre Schritte zu setzen. Die Slogans, alles müssen was beitragen, werden breitgetreten und Kritik als unvernünftig zurückgewiesen.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 12. 2. 2012