Technologische, leichte Verfügbarkeit erweitert einerseits unsere Sinne, führt andererseits aber auch zu Verkümmerungen und Verarmungen von Fähigkeiten. In dem Maße, wie man sich auf die Technik verlässt, gebraucht man weniger eigenes Denken, eigenes “Begreifen” als direktes, Handhaben: das Werkzeug ersetzt den direkten Zugriff.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 25. 3. 2012
Wir leben in finsteren Zeiten. Das ist nicht nur ein Zitat, sondern auch eine aktuelle Feststellung. Berühmt geworden ist die Aussage durch Bertolt Brechts Gedicht, das er im Exil schrieb: “An die Nachgeborenen”. Besonders drei Zeilen aus dem ersten Abschnitt sind Allgemeingut geworden: “Was sind das für Zeiten, wo / Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist / Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!”
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 11. 3. 2012
Im Obrigkeitsstaat war immer alles klar: Ganz wenige waren oben, die meisten unten, und die wussten, wie sich zu verhalten. Sie nahmen es als natürlich hin, als gottgegeben. Die hohen Priester halfen nach, nahmen etwa Mürrische ins Gebet, damit die Unteren sich dankbar in ihr Schicksal fügten. Irgendwie kam das dann doch zum Bruch.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 6. 11. 2011
Das norwegische Nobel-Preis-Komitee hat den diesjährigen Friedensnobelpreis dem chinesischen Autor Liu Xiaobo verliehen und damit, trotz heftiger Warnungen der chinesischen Regierung, einen Dissidenten ausgezeichnet, der wegen seiner in Anspruch genommenen freien Meinungsäußerung 2009 zu elf Jahren Haft verurteilt wurde. Das Komitee hat sich also nicht dem Druck gebeugt, obwohl China meinte, die Preisverleihung stehe im Gegensatz zu den Grundsätzen des Nobelpreises, weil damit ein Verbrecher geehrt werde, der nach geltendem Recht verurteilt sei.
Hätte in Oslo ein ähnlicher Geist geherrscht, wie er hierzulande oder in Deutschland die Gutmenschler und politisch Korrekten, die Rosarotgrünlichen, negativ auszeichnet, wäre freilich der Preis nicht an ihn verliehen worden. Diese Korrekten verstehen, dass freie Meinungsäußerung nur dann frei sein darf, wenn sie gewissen Richtungen und Regeln entspricht.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 10.10.2010
Es ist wieder modisch geworden nicht nur rasch zu verdächtigen, sondern auch zu verurteilen bzw. verdächtigend zu verurteilen. In einigen Ländern und Gesellschaften reicht das aus für Mord, wenn Islamisten eine Beleidigung ihres Gottes oder des Profeten davon rächen. In anderen, wenn man als Mitglied einer falschen Ethnie “gesäubert” gehört. Aber es gibt eine andere Form, als Vorläufer sozusagen, die vielen noch nicht so schlimm auffällt, weil man sich im dauernden Niedergang von Werten daran gewöhnt hat.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 25. 04. 2010