In Deutschland, wo die politische Korrektheit seltsame Sumpfblüten treibt, wurde, beeinflusst von us-amerikanischen Erfahrungen, darin Rassismus gesehen, dass ein kleines Theater in Berlin eine Schwarzenrolle mit einem Weißen besetzte und nicht mit einem Negro. Rasch sammelten sich wütende Besorgte im Netz und drangen bis in die schwachbrüstigen Redaktionen vor, um diese Rassistentat zu verurteilen. Ganz wenige Journalisten trauten sich, den aufgeblähten Zirkus zurückzuweisen. Eine Mehrheit sieht sich als Anwalt der Rassistenopfer und Verurteiler der bösen Rassisten.
Kolumne “Wort zum Sonntag”von Haimo L. Handl, 15. 1. 2012
Bob Dylan erhält den Nobelpreis für Literatur. Pardon, das galt nur bis ganz kurz vor der Verkündigung. Dabei waren die Erwartungen kräftig geschürt worden, die Wetteinlagen beträchtlich. Die Wettbüros in England hatten jedoch in vorletzter Sekunde einen Wink erhalten; und tatsächlich gewann ein echter Poet den Preis. Dass es ein Europäer, sogar ein Schwede ist, alt, ein Lyriker mit schmalem Werk, erboste nicht nur viele Wetter, sondern auch Literaturkritiker und andere Geschäftemacher, vor allem in den USA, wo allerdings auch einige seiner heftigsten und warmherzigsten Bewunderer und Befürworter leben.
Dichterwette. Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 9. 10. 2011
Man kommt ihm nicht aus. Auf allen Sendern Filme, Dokumentationen, Semidocs, Soaps, Schnulzen, Rührstoffe, Privatisierungen im öffentlichen Kontext, künstlerische Bewältigungsversuche, schnöde Fleddereien. “Nine Eleven” ist zu einer Marke geworden, die mehr übertüncht, lenkt, ablenkt, als klärt, vom Erinnern oder Gedenken, das man sich vielleicht wünschte, ganz zu schweigen. Es wird inszeniert. Es geht um Mythen, Symbole und verletzten Stolz. Eitelkeiten. Daneben versinken “Wahrheiten” oder kommen erst gar nicht hoch. Eine Peinlichkeit sondergleichen.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 11. 9. 2011
Als “Die Linke” ein Geburtstagsgratulationstelegramm an den Maximo Leader Fidel Castro sandte, rührte sich in Deutschland Empörung und Häme, so dass die Partei schließlich selbst klein beigab und die Grüße runterspielte. Für den deutschen Volksgeist war das Unterfangen ein Affront, eine Beleidigung der freiheitsliebenden Rechtschaffenen, da Fidel Castro ein Diktator ist. Ein Undemokrat, ein Monstrum.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl vom 4. 9. 2011
In Japan, und nicht nur dort, gedenkt man des Atombombenabwurfs vom 6. August 1945 auf Hiroshima, dem kurz darauf der zweite auf Nagasaki folgte. Heuer erhält das Gedenken neue Brisanz wegen der Atomkatastrofe in Fukushima. Völlig neu für Japan: Die Regierung orientiert sich jetzt auf eine atomfreie Energieversorgung. Die sogenannt “friedliche Atomnutzung” ist zu gefährlich. Der Schock der noch immer nicht bewältigten Katastrofe sitzt tief.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 7.8.2011