Immer mehr zeigt sich nazistisches Säuberungsdenken im Mantel sogenannt besorgter Demokratiebewegungen. Als politische reife Aktivierung aufrechter Bürger wird vermehrt nach Zensur und Verfolgung gerufen, werden polizeistaatliche Maßnahmen gefordert, werden Feinde “zum Abschuss” freigegeben.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 22. 1. 2012
Der Jahreswechsel wird auch in den sogenannt aufgeklärten Gesellschaften nach einem atavistischen Ritual gefeiert, auch wenn die meisten die Hintergründe nicht kennen. Eine Mischung von religiösem, heidnischem und profanem Feiern, sogar dort, wo die Ausgelassenheit dominiert. Denn Feste bieten und sollen Gelegenheit bieten zum Ausgelassensein, vor allem für jene, die selten Auslauf haben, fast nie gelassen sind, selten ausgelassen. Man lässt die Sau raus und fühlt sich befreit, ausgelassen. Der gemeinsame Konsum hilft wie bei der Kommunion und schafft das Trugbild von fröhlicher Runde, Gemeinschaft. Man wünscht den Andern wie sich selbst, was man immer wünscht, alle Jahre wieder, und freut sich, dass es noch möglich ist.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 1. 1. 2012
Anlässlich eines Begräbnisses dachte ich über Formen der Trauer nach, die Bedeutung der Trauergemeinschaft, der Rituale, der Gespräche, des Austausches. Und dass es dafür heute virtuelle Angebote im Internet gibt. Nicht nur Gedenkseiten etc., sondern virtuelle Grabpflege, virtuelle Trauergemeinden, virtuellen Austausch.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 4. 12. 2011
In der NZZ lese ich in einem Kulturartikel den Satz “Beim Internationalen Literaturfestival Berlin ist es wie im Leben: Die Masse dessen, was man versäumt, ist grösser als die Masse dessen, was man erleben kann.” So ist’s im Leben? Das bewahrheitete: es gibt kein richtiges im falschen. Aber da es keine Paradiese gibt, gibt es nur falsches Leben.
Kolumne “Wort zum Sonntag” vom 18. 9. 2011 von Haimo L. Handl
Hierzulande sind einigen noch die Lesezirkel bekannt, jene Abonnements wöchentlicher Zeitschriftenlieferungen, die früher viele Haushalte vor allem mit populären Illustrierten versorgten. So ein Lesezirkel hat nichts gemein mit einem Lesekreis. In einem Lesekreis tauschen sich Leser über ihre Lektüre aus. Das gab es früher auch. Aber der Begriff, das Image, ist derart negativ klischiert, dass er heutzutage keine Zukunft zu haben scheint, wiewohl die Einrichtung und Übung höchst positiv wäre.
Kolumne “Wort zum Sonntag” von Haimo L. Handl, 17. 7. 2011